Keine Kategorien vergeben

Begründung der Ablehnung

Sehr geehrter Herr Jagusch,

vielen Dank für Ihren Diskussionsbeitrag zur Einführung eines Bereiches "Digital Humanities" (DH) in der A-Systematik der RVK, zu dem wir ein paar Rückfragen und Anmerkungen haben.

Sie schreiben: "Die Schaffung eines eigenen Bereichs für EScience / DH bei AK (inkl. Formalstellen für Zeitschriften etc. pp.) wird nicht benötigt und erschwert die Fremddatennutzung, die Recherche und die facettierte Darstellung in den Katalogen sowie auch die (halb)automatischen Verfahren der Zukunft." Warum haben wir vorgeschlagen, den DH einen eigenen Bereich bei AK einzuräumen? Zunächst zum "eigenen" Bereich: Da sich die DH in den letzten Jahren deutlich ausdifferenziert haben und - laut Selbstverständnis der Comunity - momentan auf dem Weg sind, sich von einer "Methode" hin zu einer eigenständigen Fachdisziplin zu entwickeln, halten wir die Schaffung eines eigenen Bereichs für DH unter der Oberkategorie E-Science bei AK durchaus für vertretbar. Zu diesem Schluss sind wir in enger Abstimmung mit den Fachvertretern an verschiedenen Universitätsstandorten gelangt oder anders formuliert: Die Schaffung eines eigenen Bereichs für die DH wurde an uns von den Fachvertretern in den letzten Jahren verstärkt herangetragen. Die Frage, die sich anschloss, war, "wo" in der RVK dieser eigene Bereich für die DH am besten unterzubringen wäre. Das berührt nun das zweite von Ihnen vorgebrachte Gegenargument. Eine Verständnisfrage stellt sich uns zu den von Ihnen geäußerten Bedenken hinsichtlich der Konsequenzen für die Fremddatennutzung, die Katalogrecherche und die facettierte Darstellung in den Katalogen etc.: Inwiefern bereitet die Schaffung eines eigenen Bereichs für E-Science und DH bei AK hier Probleme? Könnten Sie diesen Punkt bitte näher ausführen, da das sicherlich für die anderen RVK-Teilnehmer von Interesse ist.

Sie schreiben weiter: "Der vorgeschlagene Breich AK 54280-AK 54520 "Anwendungen, Themen und Sachgebiete" enthält fast nur Dopplungen zu bestehenden Notation (weit mehr als im Antrag angegeben). Dort wo Notation für Sachverhalten fehlen, sind sie in den vorhandenen Teilsystematiken zu ergänzen (z.B. AL, AN, ES, ST)." Dass der Bereich AK 54280-AK 54520 "Anwendungen, Themen und Sachgebiete" Doppelungen enthält, ist uns bewusst und liegt in der Natur der Sache, da es sich bei den DH um ein klassisches Querschnittsfach handelt, das aufgrund der fachlichen Entwicklung her eine deutliche inhaltliche Nähe insbesondere zum Fach Informatik besitzt. Doppelungen sind ein Charakteristikum der RVK und stellten für die Anwendung noch nie Probleme dar. Letztendlich rühren die Doppelstellen daher, dass die RVK seit ihrer Entstehung als Aufstellungssystematik konzipiert wurde. Daher haben wir etliche Doppelstellen, ich denken nur an die zahlreichen zu "Goethe" und "Rousseau". Innerhalb der RVK-Anwenderbibliotheken verfolgte man stets die Leitlinie, dass man die Literatur zu einem Fach möglichst an einer Stelle gebündelt in der Bibliothek finden sollte. Warum sollte für die DH, wenn man die Literatur dazu an einem Ort aufstellen möchte, das nicht auch gelten? Wollten wir statt eines übergeordneten Bereichs zur DH alle entsprechenden Teilsystematiken aus den Geisteswissenschaften (und z.T. auch den Sozialwissenschaften und der Informatik) ergänzen, hätten wir im Grunde am Ende noch viel mehr Doppelstellen.

Das eben Geschriebene berührt auch Ihr drittes und viertes Argument ("Die vorgeschlagene fachliche Ausdifferenzierung (AK 54530- AK 54699) gehört in die entsprechenden Fachsystematiken, wo es solche Stellen ja teils auch schon gibt (z.B. ES 900 ff., MB 2500 etc.). Diese Stellen zur Forschungsmethodik gehören wo nötig deutlich ausgebaut und ggf. in der Benennung modernisiert, um die DH abzubilden und suchbar zu machen."). Die Bereiche unter "Anwendungsfeldern nach Fächern" haben wir im Vorschlag stark zusammengefasst, um hier möglichst einzelne Disziplinen übergreifende fachliche Ausdifferenzierungen unterbringen zu können. Das schließt nicht aus, dass die differenzierte Ausdifferenzierung nach speziellen Fachgebieten bei den einzelnen Teilsystematiken erfolgt. Dies ist wohl sogar notwendig. Ich komme nun zu Ihrem vierten Gegenargument, dem der "Aufstellung" in der Bibliothek. Hier böte m.E. ein eigener Bereich für DH Vorteile, denn die Studierenden des Faches würden die DH-Literatur an einer Stelle in der Bibliothek finden. Das wird - und hier wiederhole ich das, was ich eingangs gesagt habe - auch von den Fachvertretern gewünscht. Momentan ist die Literatur zu DH in der Bibliothek auf die verschiedensten Teilsystematiken verteilt. Diese Verteilung ließe sich durch eine Konzentration im A-Bereich eindämmen und würde aus Sicht der DH-Studierenden für mehr Übersichtlichkeit sorgen.


Viele Grüße, Dr. Katharina Boll-Becht (UB Würzburg) und Dr. Brigitte Doß (UB Regensburg)

14:14, 17. Sep. 2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte die vorgeschlagene Schaffung eines eigenen Bereichs für EScience / DH bei AK ausdrücklich begrüßen, da ich Fachgebiete betreue (u.a. Altertumswissenschaften und Handschriftenkunde), in denen neue digitale Methoden und Möglichkeiten keine Systemstelle haben und die Systematiken zwar in begrenztem Umfang erweiterbar sind, aber interdisziplinäre oder theoretische Abhandlungen nur schwer unterzubringen sind. Erschwerend kommt die getrennte Aufstellung eher philologisch oder materialbasierter Forschung hinzu, die bei uns vor Ort auch in verschiedenen Teilbibliotheken stehen würden.

Viele Grüße, C. Dittrich (UB Eichstätt-Ingolstadt)

10:36, 26. Sep. 2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bevor ich noch detailliert bzw. inhaltlich auf Basis der Rücksprache mit Kolleg*innen und DH-ler*innen antworte, vorab eine erste Einschätzung: Ich finde es schwierig ein interdisziplinäres Gebiet bzw. Querschnittsfach, was doch noch gerade im Entstehen ist, klassifikatorisch zu greifen, vor allem unter der Prämisse der Aufstellung. Wir geraten immer wieder mit der RVK als Aufstellungssystematik an ihre Grenzen, da wir sie dann nicht als Klassifikation denken können (und umgekehrt). Lösbar ist das nur durch einen radikalen Umbau des Datenmodells (analog zur GND), was beides ermöglicht. Dieses Problem wird immer bei solchen Fällen oder im Kontext von Regionalstudienfächern auftauchen und ist insofern definitiv ein Thema für den RVK-Beirat.
In anderen Fällen von Querschittsgebieten, haben wir irgendwo einen Kern (Genderstudies) und verteilt in der Systematik die dort inhaltlich hin passenden Notationen. Das ist in meinen Augen auch gut, da sich ein wichtiges Thema als roter Faden durch den Gesamtbestand zieht und nicht singulär an einem Ort, sei es virtuell oder räumlich, konzentriert. Aber das muss breit diskutiert werden. Ein einfacher Antrag mit Abstimmungsverfahren reicht da m.E. nicht.

Michael Franke-Maier, FU Berlin

15:24, 29. Okt. 2018

Liebe KollegInnen,

wir begrüßen es dieses Grundsatzthema an den Beirat zu verweisen, bevor das hier abgestimmt wird. Wir teilen die Gedanken der FU Berlin.

Freundliche Grüße, Gerald Jagusch

12:23, 2. Nov. 2018

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

herzlichen Dank für Ihre Bemühungen und engagierten Beiträge!

Der RVK-Beirat hat in der Sitzung am 6.11.2018 über den Antrag diskutiert und empfiehlt seine Einführung als neues Wissensgebiet in der Wissenschaftskunde. Im Vorfeld wird die EG um Prüfung gebeten, ob die Ergänzungswünsche der FU Berlin, die zum Antrag vorliegen, eingearbeitet werden können und ob nicht generell größere Zahlenabstände zwischen den Notationen eine Erweiterungsfähigkeit sicherstellen sollten.

Ines Häusler, RVK-Fachkoordination (13.11.2018)

13:49, 13. Nov. 2018